Sieben Männer stehen nebeneinander

Sachsen Jugendopposition in der NS-Zeit: Digitales Angebot erinnert an "Leipziger Meuten"

Stand: 18.06.2025 13:38 Uhr

Sie waren die größte oppositionelle Jugendbewegung in der NS-Zeit: Die Leipziger Meuten hatten rund 1.500 Mitglieder, sind aber heute vielen Menschen unbekannt. Das Theater der Jungen Welt (TDJW) will an sie erinnern und hat gemeinsam mit jungen Menschen aus Leipzig und Duisburg das Projekt "Sounds of Resistance" ins Leben gerufen. Als Abschluss der einjährigen Arbeit ist am Mittwoch ein digitales Archiv online gegangen, das die Aktivitäten der Gruppen in Leipzig erfahrbar macht.

Von MDR Kulturdesk

Die Leipziger Meuten waren während der NS-Zeit die größte Jugendopposition und in rund 20 Gruppen im gesamten Stadtgebiet aktiv. Ein neues digitales Archiv informiert nun über ihre Geschichte. Die Plattform ist Teil des Projekts "Sounds of Resistance" am Theater der Jungen Welt (TDJW). Dabei haben sich Jugendliche aus Leipzig und Duisburg ein Jahr lang mit den sogenannten "Leipziger Meuten" und den "Edelweißpiraten" in Duisburg beschäftigt.

Das digitale Archiv stellt nun die Ergebnisse der Recherchen online, die im Rahmen des Projekts erfolgten. Auf der digitalen Plattform können sich Interessierte mittels Karten über die Orte informieren, an denen die Meuten in der NS-Zeit aktiv waren. Zu einzelnen Gruppierungen beispielsweise der Connewitzer Meute, der Meute Hundestart oder Meute Arndtstraße liefert das Archiv Informationen und Bildmaterial – auch ehemalige Meuten-Mitglieder kommen als Zeitzeugen zu Wort. TDJW-Dramaturg Florian Heller betont: "In diesem Archiv geht es vor allem darum, das Phänomen oppositioneller Jugendgruppen im Nationalsozialismus in seiner Dezentralität sichtbar zu machen."

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So sieht das digitale Archiv aus: Aktuell gibt es Informationen zu den Städten Leipzig und Duisburg.

In diesem Archiv geht es vor allem darum, das Phänomen oppositioneller Jugendgruppen im Nationalsozialismus in seiner Dezentralität sichtbar zu machen. Florian Heller, Dramaturg |

Spurensuche in Leipzig und Duisburg

Das Digital-Archiv ist für Smartphones optimiert. So können sich die Nutzerinnen und Nutzer auf den Spuren der Meuten durch Leipzig oder Duisburg bewegen. Neben der Karten-Ebene gebe es "noch eine Ebene mit Situationen. Das bedeutet, es sind kleine Audiotracks, die man sich vor Ort anhören kann und mit denen man spielerisch interagieren kann", sagt Florian Heller. Etwa kann man sich in einem interaktiven Chat spielerisch mit der Geschichte auseinandersetzen. Das solle "noch mal einen anderen Zugang zu dem Thema" ermöglichen, so Heller.

Teil des Gedenkortes mit Laufbandanzeige

Seit April 2025 erinnert am Lindenauer Markt in Leipzig ein Gedenkort an die Leipziger Meuten.

Für das Projekt hat das Theater der Jungen Welt mit der Deutschen Oper am Rhein Düsseldorf/Duisburg zusammengearbeitet. Das Archiv umfasst zum Start zunächst die Städte Leipzig und Duisburg, doch eine Erweiterung wird angestrebt, wie Dramaturg Florian Heller erläutert: "Es ist explizit so gedacht, dass es erweitert werden kann." Wenn also eine Schulklasse, eine Gruppe oder auch Einzelpersonen aus anderen Städten zu oppositionellen Jugendgruppen in der Zeit des Nationalsozialismus in ihrer Stadt recherchieren, könnten sie mit dem TDJW in Kontakt treten und das Archiv "kann dann dementsprechend ergänzt und erweitert werden".

Theaterperformance und Gendenkort erinnern an Leipziger Meuten

Das digitale Archiv bildet den Abschluss des Projekts "Sounds of Resistance" unter der Leitung von Schorsch Kamerun. In dessen Rahmen wurde am TDJW eine künstlerische Auseinandersetzung mit den Leipziger Meuten erarbeitet, die Theaterperformance "Meuten Memorial Movement". Außerdem wurde im April 2025 auf Initiative des Jugendparlaments Leipzig am Lindenauer Markt ein Gedenkort für die Meuten eingeweiht.

Theatergruppe während der Probe auf dem Lindenauer Markt

Theatergruppe während der Probe auf dem Lindenauer Markt

Die Leipziger Meuten waren mit bis zu 1.500 Mitgliedern die größte oppositionelle Jugendbewegung in den 1930er-Jahren. Sie grenzten sich bewusst von den NS-Jugendorganisationen der Hitlerjugend und dem Bund Deutscher Mädel ab. Viele von ihnen verstanden sich als kommunistisch oder sozialdemokratisch, verhielten sich unangepasst und kleideten sich alternativ.

Sie waren nicht streng organisiert, sondern in eher losen Gruppen zusammengeschlossen und benannten sich häufig nach den öffentlichen Plätzen, an denen sie sich trafen. Die Meuten-Mitglieder gerieten immer wieder ins Visier der Gestapo, viele der Jugendlichen wurden verhaftet und verfolgt.

Informationen zum Archiv:

Das digitale Archiv ist auf der Plattform www.soundsofresistance.de zugänglich.

Quellen: MDR KULTUR, TDJW Leipzig, redaktionelle Bearbeitung: lig