Frau mit VR-Brille zwischen Kunstwerken

Hessen Hochschule Darmstadt zeigt Medienkunst im Schloss Fechenbach in Dieburg

Stand: 18.06.2025 11:27 Uhr

Ihre Lebenserfahrungen haben internationale Studierende der Hochschule Darmstadt in einer Kunstausstellung verarbeitet. Die Medienschau im Schloss Fechenbach in Dieburg hält Besuchern auch einen Spiegel vor.

Von Uwe Gerritz

Ein Geflecht aus roten Fäden durchzieht den Raum im oberen Stockwerk des Museums Schloss Fechenbach in Dieburg. Gleich am Eingang finden sich auf der rechten Seite Bildschirme, über die Landschaftsbilder flimmern. Links dringen Naturgeräusche aus acht kreisförmig angeordneten Lautsprechern.

Diese und weitere Installationen in der Tiefe des Raumes ziehen den Besucher in die Ausstellung "Betreff: Lebens-Läufe – Medienkunst-Labor für Dialoge".

Studierende kommen aus 40 Ländern

Es ist die diesjährige Sommerausstellung des Studiengangs Internationale Medienkulturarbeit der Hochschule Darmstadt (h_da) in Zusammenarbeit mit dem Museum Schloss Fechenbach. Studierende aus zahlreichen Nationen haben sich nach Angaben der Hochschule daran beteiligt.

Sabine Breitsameter zählt beispielhaft Pakistan, Nigeria, Iran, Kolumbien und Vietnam auf. Sie ist Professorin im Fachbereich Media der Hochschule und hat zusammen mit Lehrkraft Klaus Schüller die Gesamtleitung des Praxisprojekts. "Wir haben zum Beispiel aus dem Iran einen sehr spannenden Beitrag hier", erzählt sie.

Weggeworfene Teppiche

Breitsameter spielt auf eine Fotoserie von Meral Purhosseinzadeh an. Die Studentin hat darin Erinnerungen an das Begräbnis ihrer Großmutter in einer iranischen Küstenstadt verarbeitet. Ihre Bilder zeigen weggeworfene Teppiche.

"Die Teppiche werden nach dem Beerdigungsritual zuhause nicht mehr verwendet", erklärt sie, "wegen der negativen Erinnerung, die damit verbunden ist." Oft werden die Teppiche achtlos entsorgt, mitten in einer ansonsten wunderschönen Landschaft. Diesen Kontrast zeigt sie in ihren Bildern.

Themen: Familie, Gewalt, Medienkritik

In der Ausstellung haben die Studierenden thematisiert, was sie betrifft und bewegt. Es geht um Familie, um Feminismus, um Medienkritik, um politische Gewalt, um Körpererfahrung – immer vor dem Hintergrund persönlicher Erinnerungen und Erlebnisse.

Im Ausstellungsraum fällt ein großer quaderförmiger Körper aus Pressspan auf. Wer seine Tür öffnet, betritt eine Fahrstuhlkabine. Von der oberen Ecke aus ist das Auge einer Überwachungskamera auf den Besucher gerichtet. Ein Gefühl des Unbehagens macht sich breit.

Den eigenen Voyeurismus reflektieren

Wenige Meter weiter steht ein Bildschirm, auf dem kurz darauf das aufgenommene Video angeschaut werden kann. "Auge des Betrachters" heißt das Werk von Defne Selman. "Auch das kommt aus einer persönlichen Erfahrung" erklärt Schüller stellvertretend für die nicht anwesende Künstlerin.

Menschen zwischen Lautsprechern und Monitoren

Die Ausstellung zeigt audiovisuelle Kunstwerke von Studierenden

Im Wohnhaus von Selmans Mutter in der Türkei gebe es einen videoüberwachten Fahrstuhl. Der Raum mit den Überwachungsbildschirmen sei dort für jedermann zugänglich. Die Installation spiele auch mit der eigenen Lust am Voyeurismus und am Sichzeigen. Es geht um Sehen und Gesehenwerden.

"Gestörte Harmonie" - zwischen Natur und Technik

Mit dem Spannungsfeld von Natur und Technik beschäftigt sich ein "Soundscape" des Wiesbadeners Joshua Heine. Ausgehend von Vogelgezwitscher führt die Klanginstallation durch eine Entwicklung der Geräusche. Die anfangs reinen Naturklänge werden nach und nach durch immer mehr menschengemachte Geräusche abgelöst.

"Gestörte Harmonie" hat Heine sein mediales Kunstwerk genannt. In seiner Heimatstadt hat er den Lärm eingefangen, den ein Mann an einem Metallzaun macht. Dann ist ein Bus zu hören. Am Ende unterhalten sich nur noch zwei künstliche Intelligenzen. Das ganze wird begleitet von visuellen Effekten.

"Was ich ironisch fand ist, dass die KI quasi darüber reden, wie elektromagnetische Frequenzen dem Menschen oder der Natur allgemein Schaden zufügen können", erzählt Heine. "Sie selbst verursachen aber mit die größten elektromagnetischen Wellen, da sie quasi vom Internet leben."

Berufsziel: Kurator oder Kuratorin

Die Studierenden des Studiengangs Internationale Medienkulturarbeit an der h_da sollen selbst einmal Ausstellungen kuratieren und organisieren. Für sie ist die Ausstellung ein "reales Praxisprojekt", wie die Hochschule mitteilt. "Es geht darum, dass man wirklich lernt, Kulturarbeit zu betreiben, mit echten Menschen und echten Institutionen", sagt Schüller.

Die Einreichungen für die Schau kommen aus dem Fachbereich Media. Insgesamt 13 Werke werden gezeigt. Die Ausstellung wirkt auf den ersten Blick überschaubar, doch wer sich einlässt, entdeckt eine Menge spannender Details.

Zurück in die Gebärmutter

So stellt eine weitere Klanginstallation die Geräusche zweier Volksfeste in Spanien und Deutschland gegenüber. Eine Virtual-Reality-Brille versetzt den Besucher in ein Kuppelkino. Eine begehbare, beziehungsweise besitzbare Gebärmutter nebst Geräuschen wie Herzschlag und Blutfluss bringt ursprünglichste Erfahrungen zurück.

Informationen
Die öffentliche Vernissage findet am Mittwoch um 18.30 Uhr statt. Danach ist die Ausstellung bis zum 20. Juli immer donnerstags bis Samstag von 14 bis 17 Uhr sowie sonntags von 11 bis 17 Uhr geöffnet. Die Studierenden möchten dabei mit den Besuchern in den Dialog treten. Zur Finnissage verleiht Bürgermeister Frank Haus am 20. Juli um 12.30 Uhr im Museum den Nachwuchspreis Medienkultur der Stadt Dieburg.