Collage: (links) Rauchschwaden steigen in Teheran auf, nach dem Einschlag einer israelischen Rakete; Bergungsarbeiten in Bat Yam, in zentral Isreal, nach dem Einschlag einer iranischen Rakete. (Quelle: dpa/Middle East Images/Chen Junqing)

Berlin Krieg zwischen Israel und Iran: Zwei Berlinerinnen zwischen Angst, Warten und Hoffnung

Stand: 17.06.2025 16:25 Uhr

Seit Freitag greift Israel den Iran aus der Luft an. Der Iran schießt mit Drohnen und Raketen zurück. rbb|24 hat mit einer Berlinerin gesprochen, die in Tel Aviv festsitzt, und mit einer Exil-Iranerin, die verzweifelt versucht, ihren Bruder zu erreichen.

Der Konflikt zwischen Israel und Iran ist zu einem Krieg eskaliert. Seit Freitag attackiert die israelische Luftwaffe Ziele in Iran. Die Islamische Republik antwortet mit Drohnenattacken und feuert ballistische Raketen ab. Auf beiden Seiten gibt es zivile Opfer.
 
Der Konflikt strahlt bis nach Berlin. Denn hier leben viele Israelis und auch Iranerinnen, die nun um Verwandte und Freunde bangen. Der Luftraum über beiden Ländern ist derzeit geschlossen, sodass viele Menschen im Kriegsgebiet gestrandet sind.

Zum Geburtstag nach Tel Aviv – dann fallen Bomben

Eine von ihnen ist die Berlinerin Susanne Hanshold. Jedes Jahr fährt sie aus Berlin über ihren Geburtstag nach Tel Aviv. "Das ist Tradition", sagt sie. Am Freitagabend war sie in der israelischen Metropole am Strand unterwegs und genoss den Sonnenuntergang. Am Strand kam sie mit einer fremden Frau ins Gespräch. Ein ganz normaler Urlaubstag. Doch dann heulten plötzlich die Sirenen in Tel Aviv. Iranische Drohnen und Raketen waren im Anflug.

"Dann bin ich ins Hotel gelaufen und dann ging es in den Bunker. Das ist wirklich beängstigend." Hanshold verbringt seitdem viel Zeit in dem Bunker. Es sei ein kleiner Raum unter dem Hotel. Es gebe kaum Sitzgelegenheiten und kein Internet.
 
Am Samstag wurde Susanne Hanshold dann 71 Jahre alt. "Mit meinem Geburtstag fing der Krieg an und es kamen die Raketeneinschläge", erzäht sie.
 
Eine Handy-App warnt die Menschen in Israel vor den anfliegenden Raketen. "Zehn Minuten vorher geht das Handy mit einem ganz schlimmen Ton an. Dann weiß man, dass man aus dem Bett in den Bunker rennen muss", erklärt die Berlinerin. Anschließend geht die Sirene in der Stadt an.
 
Hanshold hat sich neben ihre Hoteltür ein Köfferchen gestellt. "Da ist mein Telefon drin, eine Powerbank, mein Pass und mein Portemonnaie", erzählt sie. Außerdem ziehe sie sich immer anständige Schuhe an, bevor sie in den Bunker gehe. Falls ihr Zimmer von einer Rakete getroffen würde, hätte sie festes Schuhwerk, um über die Trümmer zu steigen, sagt sie.

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Raketeneinschlag ganz in der Nähe

Zu Beginn sei das Hotel und auch der Bunker noch recht leer gewesen, erinnert sich Hanshold. Doch dann schlug am Montag eine Rakete in der Nähe des Hotels ein. "Da sieht es jetzt aus wie in der Ukraine. Das hat mir wirklich Angst gemacht."
 
Nun seien die Menschen, die ihre Wohnungen verloren haben, in den umliegenden Hotels untergebracht worden. Auch in Susanne Hansholds Hotel ist es nun voll. "Und jetzt stehen wir wie die Sardinen in dem Raum und die Leute nehmen sogar ihre Hunde mit in den Bunker." Sie sei trotz der Enge beeindruckt von dem Zusammengehörigkeitsgefühl, das sie im Bunker erlebe.
 
Eigentlich sollte Hanshold am Mittwoch einen Flug zurück nach Berlin nehmen. Doch der Luftraum über Israel ist gesperrt. Das Auswärtige Amt habe ihr mitgeteilt, sie solle über Kairo oder Amman in Jordanien ausreisen, sagt soe. Doch den Weg dahin müsste sie allein bestreiten. Das sei ihr zu gefährlich. Die 71-jährige Susanne Hanshold sitzt im Kriegsgebiet fest.

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Angst um den Bruder in Teheran

Auch in Iran fallen Bomben. So zum Beispiel in Teheran. Dort lebt der Bruder von Mina Khani. Khani ist Exil-Iranerin und Aktivistin in der Freiheitsbewegung des Iran. Als sie vom Ausbruch des Krieges hörte, versuchte sie Kontakt nach Teheran aufzunehmen. "Ich habe lange gebraucht, um meinen eigenen Bruder zu erreichen. Er wollte Teheran verlassen, aber es war fast unmöglich. Sie haben lange gebraucht, um die die Stadt zu verlassen", erzählt sie.
 
Die Mutter von Mina Khani lebte auch in Teheran. Auch sie schaffte es nach langer Zeit die Stadt zu verlassen und ist nun im Norden des Landes.
 
In Teheran gibt es keine öffentlichen Bunker wie in Israel. Deshalb versuchen die Menschen verzweifelt die Stadt zu verlassen und es bilden sich teils kilometerlange Staus.

Schwierige Kommunikation nach Iran

Khani versucht seit Freitag, so gut es geht mit ihrer Familie Kontakt zu halten. Doch das gelingt nicht immer. Sie könne nicht einfach im Iran anrufen, weil dann die Gefahr bestehe, dass das Regime mithöre, sagt sie.
 
Also nutzt sie andere Kanäle wie Whatsapp. Doch dafür braucht man Internet und Strom. Beides fällt immer wieder aus.

"Es ist schwierig, wenn die Zeit vergeht und du keine Ahnung hast, wo sie gerade sind und ob sie noch leben", berichtet Khani über die bangen Stunden ohne ein Lebenszeichen aus dem Iran. Sie habe zum Beispiel gewusst, dass die Eltern ihrer Schwägerin in der Nähe von einem Ort lebten, wo es eine große Explosion gegeben habe. "Ich habe mir große Sorgen gemacht, dass mein Bruder auch dort war. Dann vergehen die Stunden und man denkt natürlich erst mal das Schlimmste."
 
Mittlerweile weiß sie: Ihre Familie ist vorläufig in Sicherheit.
 
Ein Ende des Krieges zwischen Iran und Israel ist aktuell nicht abzusehen. Ob die Familie von Mina Khani an dem aktuellen Ort länger bleiben kann, ist ungewiss. Sie wird weiterhin versuchen, so gut es geht Kontakt zu halten.

Sendung: rbb24 Inforadio, 18.06.2025, 06:05 Uhr