
Krieg gegen den Iran Fordo - ein Problem für Israel und für Trump
Israels Kriegsziel ist klar formuliert: Es will das iranische Atomprogramm dauerhaft beenden. Militärisch kann der Iran Israel wenig entgegensetzen. Doch Israel hat ein Problem: die unterirdische Atomanlage von Fordo.
Warum ist die Anreicherungsanlage Fordo so ungewöhnlich?
Fordo ist eine von mehreren Anlagen im Iran, in denen Uran angereichert werden kann - eine unabdingbare Voraussetzung, um eine Atombombe zu bauen. Nach Angaben der Internationalen Atomenergiebehörde IAEA können die Zentrifugen einen Anreicherungsgrad von 60 Prozent erreichen - weit mehr, als für die zivile Nutzung des Irans erforderlich ist und nicht mehr weit entfernt von dem Anreicherungsgrad von 90 Prozent, ab dem Uran als waffenfähig gilt.
Fordo liegt rund 150 Kilometer südlich von Teheran entfernt in der Nähe der Stadt Ghom, die von den Schiiten als heilig verehrt wird. Die Existenz der Anlage ist seit 2009 bekannt. Forscher vermuten, dass der Bau schon 2006 begonnen wurde. In ihr sollen rund 3.000 Zentrifugen stehen, die pro Monat rund 30 Kilogramm angereichertes Uran produzieren sollen. Auch angesichts dieser Menge gibt es keinen Zweifel daran, dass der Iran genügend angereichertes Uran hat, um etliche Atombomben zu bauen.
Anders als die teilweise oberirdisch errichtete Anreicherungsanlage von Natans ist Fordo tief im Inneren eines Berges gebaut worden. Militärexperten vermuten, dass für die Hallen der Anlage ein besonders harter Stahlbeton verwendet wurde. Diese extremen Schutzvorkehrungen machen Fordo zu so etwas wie dem Herzen des iranischen Atomprogramms. Das stellt die israelischen Angreifer und auch die USA vor ein massives Problem.
Hat Israel die Fähigkeit, die Anlage zu zerstören?
Militärexperten sind sich einig: Durch die unterirdische Lage und die Härte des Stahlbetons ist die Anlage von Fordo mit den Bomben, über die Israel verfügt, nicht zu zerstören.
Israel verfügt zwar über bunkerbrechende Waffen, die unter anderem bei der Bombardierung des unterirdischen Hauptquartiers der Hisbollah-Miliz in Beirut im vergangenen September eingesetzt worden sein sollen. Bei dem Angriff wurde Hisbollah-Chef Hassan Nasrallah getötet. Doch für einen Angriff auf Fordo reicht ihre Sprengkraft offenbar nicht aus. Dafür ist die israelische Armee auf die USA angewiesen.
Welche besonderen Waffen haben die USA?
Die USA verfügen als wohl einziges Land über eine Bombe, die die Anlage von Fordo auch in der Tiefe des Bergmassivs zerstören könnte. Sie trägt die Bezeichnung GBU-57 und kann tief unter die Erde eindringen, bevor sie explodiert.
Sie ist dafür konstruiert, sehr tief angelegte unterirdische Bunker zu zerstören und hat dafür ein Gewicht von rund 13 Tonnen und ist mehr als sechs Meter lang. Der US-Militärexperte Masao Dahlgren sagte der Nachrichtenagentur AFP, mit seiner dicken Hülle könne GBU dicke Felsschichten durchdringen. Ihr Zünder könne Hohlräume erkennen, um sich zu entladen, wenn sie in einen Bunker eindringt.
Eine weitere Besonderheit kommt hinzu: GBU-57 wird derzeit nur von B2-Kampfflugzeugen transportiert - und auch über die verfügt Israel nicht. Die israelischen Streitkräfte wären deshalb auch auf die US-Tarnkappenbomber und auf die dafür ausgebildeten US-Piloten angewiesen. Die Anforderungen an einem solchen Einsatz über weite Distanzen sind aber enorm, und möglicherweise würde ein Einsatz nicht ausreichen.
Israels Regierung soll nach Berichten der New York Times seit langem bei jeder sich bietenden Gelegenheit darauf gedungen haben, von den USA die GBU-57 zu bekommen. Die USA hätten bislang das Ansinnen ebenso regelmäßig zurückgewiesen - weil sie befürchtet hätten, dass Israel damit ermutigt werde, den Iran zu attackieren und Fordo anzugreifen, wie US-General Joseph Votel in der New York Times zitiert wird.
Sind die USA jetzt bereit, die GBU-Bombe einzusetzen?
Bislang schien dies ausgeschlossen. US-Präsident Donald Trump drängte vielmehr seit Amtsantritt auf eine diplomatische Lösung des Atomstreits, um Iran vom Erwerb der Atombombe abzubringen.
Seit seiner abrupten Abreise vom G7-Gipfel in Kanada aber scheinen sich Haltung und Ton Trumps zu ändern. Das führte seit Dienstag weltweit immer häufiger zur Frage, ob Trump nun zum vielleicht entscheidenden Angriff auf das iranische Atomprogramm bereit sei.
Das aber könnte vielfältige Konsequenzen haben. Sollten die USA mit ihren B2-Bombern und der GBU-57 die Anlage von Fordo angreifen, würde dies den Kriegseintritt der Vereinigten Staaten an der Seite Israels bedeuten. Die US-Truppen in der Region könnten dann Ziel eines iranischen Gegenschlags werden. Davor haben die iranischen Streitkräfte bislang zurückgeschreckt, mutmaßlich vor allem, um die USA nicht zu einem Angriff auf Fordo zu provozieren.
Eine Bombardierung von Fordo dürfte außerdem zu einer massiven nuklearen Verseuchung der Region und auch darüber hinaus führen, die zahlreiche Zivilisten gefährden würde - und am Ende auch die US-Soldaten in der Region.
All das muss Trump gegeneinander abwägen. Und er muss den politischen Preis kalkulieren - international und national. Würde es zu einer Atomkatastrophe kommen, wäre die internationale Kritik an den USA massiv. Ihre Beziehungen zu den arabischen Staaten, insbesondere den rohstoffreichen Ländern am Golf, würden erheblich belastet.
Im Inland würde Trump sein Versprechen brechen, die USA aus Kriegen in fernen Regionen herauszuhalten. Daran erinnert ihn schon jetzt der nationalistische Flügel seiner MAGA-Bewegung. Und sein laut gepflegtes Image eines Dealmakers, dessen harte Tour andere Staaten von kriegerischen Gelüsten abhält, wäre wohl nachhaltig dahin - es ist schon jetzt erheblich angekratzt.
Auf der Habenseite stünde, dass der Iran auf absehbare Zeit - möglicherweise sogar dauerhaft - nicht mehr in der Lage wäre, zur Nuklearmacht zu werden. Ob der geschilderte Preis dies wert ist, muss Trump und sein Stab nun entscheiden.
Gibt es andere Möglichkeiten für Israel?
Das ist zumindest der Eindruck, den die israelische Führung zu erzeugen versucht. Israels Botschafter in Washington, Yechiel Leiter, sagte am Sonntag dem Sender ABC, sein Land habe "eine Reihe von Möglichkeiten", um mit Fordo "umzugehen". So könnte Israel versuchen, den oberirdischen Eingang zu der Anlage zu zerstören. Offenbar gab es bereits Angriffe auf Fordo. Ob sie diesem Zweck galten, ist unklar.
Darüber hinaus könnte Israel versuchen, durch Raketenangriffe die Stromversorgung der Anlage zu beeinträchtigen, um dadurch die Zentrifugen, die in hoher Geschwindigkeit laufen, außer Kontrolle geraten zu lassen und sie somit betriebsunfähig zu machen. Der Nachteil solcher Aktionen: Sie wären wohl nur von vorübergehender Wirkung und könnten vom Iran mit der Zeit wieder beseitigt werden.
Eine weitere Möglichkeit könnte sein, in Fordo mit eigenen Einsatzkräften zu landen, die Anlage zu erobern und dann im Inneren eine größtmögliche Zerstörung herbeizuführen. Dafür müsste die Anlage aber weiter zugänglich sein. So ein Einsatz wäre mutmaßlich mit einer hohen Zahl von Opfern verbunden.
Das Dilemma Israels bleibt deshalb vorerst bestehen. Es hat den Iran zwar so sehr geschwächt, dass es derzeit überall im Land angreifen, Irans militärischen Fähigkeiten dezimieren und Mitglieder der Führung töten kann. Sein Kriegsziel, den Iran dauerhaft am Bau einer eigenen Atombombe zu hindern, kann es aus eigener Kraft nicht erreichen.